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Swiss Export Journal : Xavier Dietlin: der kleine Prinz aus dem Romanel Valley.

Text: Bernadette Richard 


Er ist von umwerfender Natürlichkeit, dieser Xavier Dietlin. Von seinen jurassischen Wurzeln hat er sich seinen Charakter, seine warmherzige Spontaneität und einen rebellischen Geist bewahrt. Als Nachkomme einer alten, auf Metallbau spezialisierten Familie setzt der mit einer unvergleichlichen Energie ausgestattete ehemalige Fussballspieler, der Herausforderungen ebenso liebt wie die Innovation, auf die Zusammenarbeit mit seinem Clan, seinem Bruder und seiner Schwester. Für Xavier, dem die Götter offenbar nichts abschlagen können, erfüllt sich ein Traum. Innerhalb eines Jahrzehnts hat er ein Spitzensegment im Bereich Metallbau entwickelt: Ausstellungsvitrinen.
 

Swiss Export Journal : Xavier Dietlin: der kleine Prinz aus dem Romanel Valley.

Der Durchbruch gelang 2005 mit dem Schaukasten «Raptor» für Hublot, einer Vitrine ohne Glas, aber diebstahlgesichert: Dank Sensoren verschwindet das Objekt im Sockel der Vitrine, sobald sich ihm ein Fremdkörper nähert.


Rasch erkannten die grössten Uhrenmarken Xavier Dietlins Talent, und auch von grossen multinationalen Playern wie Mercedes-Benz, Philip Morris, Huawei sowie berühmten Museen wie dem MoMa in New York wurden ihm stets avantgardistische Mandate erteilt.


Da er eine Abneigung gegen Hierarchien hegt, baut Xavier Dietlin direkte persönliche Beziehungen zu seinen Kunden auf, hört ihnen zu und berät sie kompetent. Mit seiner Vorliebe für Überraschungsmomente nutzt er jede Gelegenheit, um Aufmerksamkeit zu erregen: Er will neugierig machen, anstacheln, amüsieren, ja sogar ärgern – mit dem Ziel, dass der potenzielle Käufer stehen bleibt und sich für das in seiner Schatulle schlummernde Objekt zu interessieren beginnt.


Heute ist das Unternehmen mit rund zehn Mitarbeitenden weltweit für die Erfindung und Herstellung der innovativsten Ausstellungsvitrinen der Gegenwart bekannt. Xavier Dietlin besitzt die Gabe, Gewöhnliches in Ausserordentliches zu verwandeln. Jeden Tag staunt er über die ungeahnten Möglichkeiten der Technik. Hauptsache ist für ihn letztlich, sich eine kindliche Seele und damit den Sinn für das Spielerische im Leben bewahren zu können.

«ALLES INSPIRIERT MICH!»

Text: Bernadette Richard
Photos: Christophe Lauffenburger, Cédric Widmer und Sébastien Agnetti.
 

Uhren müssen verkauft werden, selbstverständlich. Dafür müssen sie jedoch auch in Szene gesetzt werden, in aII ihrer Schönheit und Magie. Für den Metallbauer Xavier Dietlin ist diese Szenografie eine ständige Herausforderung. Xavier Dietlin ist entspannt, liebenswürdig, aufge- stellt... und sehr gesprächig. Dieser Hyperaktive schafft es sogar, das Abenteuer seines Unterneh- mens zu beschreiben, ohne ständig auf die Uhr zu schauen. Dabei sind Uhren seine grosse Leidenschaft: «Ich bin absolut nicht materialistisch, ich habe weder einen Fernseher noch einen Hang zum Luxus», sagt er, während er sich aus einem überaus bescheidenen Auto windet, «aber da gibt es noch die Uhren...»

 

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Das trifft sich gut. Anfang dieses Jahrtausends machte erseinem Vater— mit dem er zusammenarbeitet, ebenso wie mit dem Bruder und der Schwester — den Vorschlag, neue Tätigkeitsfelder zu erschliessen, darunter die Uhrenbranche. Die 1854 in Pruntrut gegründete Kunstschlosserei Dietlin ist ein klassischer Familienbetrieb. 1969 arbeitete der Vater auch in Genf und dann in Lau- sanne, während sich das Schlosserhand- werk allmählich zum Metallbau für Türen, Fenster und Ähnliches wandelte. Auftrag- geber waren etwa mehrere Banken und das Musée Olympique, die Geschäfte liefen gut. Doch Xavier wollte sich noch nicht voll unternehmerisch engagieren. Obwohl er den Eidgenössischen Fähigkeitsausweis als Kon- struktionsschlosser in der Tasche hatte, hegte er immer noch den Bubentraum, Fussballer zu werden!
 

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Man muss nur wollen...
 

Für Xavier Dietlin, dem die Götter offenbar nichts verweigern, wurde der Traum Wirklichkeit. Er kam zum FC Servette in Genf, als es dem Klub noch blendend ging: «Ich spielte mit den Grossen, unter der Leitungvon Roy Hodgson, der mich dreimal in die Nati-Auswahl aufnahm. Fussball ist ein schrecklicher Sport: Man denkt Fussball, man isst Fuss- ball. Man macht nichts anderes mehr und hat den ständigen Zweifel im Nacken, ob man am nächsten Wochenende spielen wird. Fussball schreddert die Leute, mich zumindest hat dieses Leben kaputtgemacht. Ich begann gar auf eine Verletzung zu hoffen, um einen triftigen Grund fürs Aufhören zu haben. Denn man hat ja einen Preis, ist eine Transfer- summe wert.» Mit 22 Jahren zog er sich dann auch wirklich einen schlimmen Bänderriss zu‚ der ihm erlaubte, von seinem Bubentraum in Würde Abschied zu nehmen. Dennoch war die Zeit als Fussballer eine wichtige Erfahrung, etwa was den Willen und die Durchhaltekraft betrifft.


Zurück im Schoss des Familienclans dauerte es denn auch nicht lange, bis er den Betrieb in eine andere Richtung steuerte. «Ich sah, wie mein Vater hochkomplexe Probleme löste. Nie erhielt er auch nur den geringsten Dank. Wenn jedoch etwas ausser Kontrolle geriet, schoben die Architekten ihm die Schuld zu. Wir mussten uns deshalb diversifizieren. Vitrinen für Ausstellungen, Verkaufslokale und öffentliche Räume sind wie kleine Gebäude, nur kleiner.»


In der Zwischenzeit hat er sich auch in lndustriedesign ausgebildet. Vor allem aber ist er von unstillbarer Neugier und hält unablässig Ausschau nach Dingen, die sein auf Hochdruck arbeitendes Gehirn analysiert, modifiziert, adaptiert und neu interpretiert.
 

#xavierdietlin #dietlin #xdietlin #montrespassion #lhebdo #dietlinartisan #raptor #innovativedisplay #vitrineinnovante #showcase #vitirne #baselworld #schaukastenClanwork : Xavier, Nicolas und Emilie Dietlin.

Neugier wecken, unterhalten, anstacheln
 

Wenn seine Kunden die neuste technische Innovation suchen, um ihre Uhren auszu- stellen, fragt Xavier Dietlin sie: «Was wollen Sie erzählen?» Denn irgendein Objekt in einem bestimmten Dekor zu präsentieren, bedeutet seiner Meinung nach meist auch, seine Geschichte zu erzählen. «Nehmen wir die Antikythera, den alten astronomischen Mechanismus, der im Archäo- logiemuseum in Athen ausgestellt ist und von dem sich die clevere Marke Hublot für eigene Kreationen inspirieren liess (siehe MontresPassion Nr. 45, Herbst 2011). Ich hatte den Auftrag, für dieses Fundstück eine Vitrine zu realisieren, nein, eine Festung. Das Pflichtenheft war nicht umsetzbar. Für die Fragmente dieses Kalendariums‚ das die Wissenschaftler verblüfft, brauchte es eine erdbebensichere Vitrine mit Luftfilter, konstanter Luftfeuchtigkeit, Kontrolle von Licht, Wärme und so weiter. Die Griechen glaubten, die Besten zu sein... Doch schliesslich kauften sie meinen transparenten Bunker! Das Wichtigste an dieser Maschine ist ihre Herkunft, die unser Geschichtsbild verändert hat. Ich habe mir darum eine aussergewöhnliche Inszenierung für dieses ausserge- wöhnliche Objekt ausgedacht. Desgleichen für die legendäre Uhr Marie-Antoinette von Breguet.»


Xavier Dietlin liebt Überraschungen, und er tut alles, um Aufmerksamkeit zu erregen: neugierig zu machen, zu unterhalten, anzustacheln. Der Kunde soll innehalten und sich für das Objekt in seiner Schatztruhe interessieren. «Die Leute lieben die Bewegung», stellte er fest. «Unsere mit signierte Vitrine Raptor ist pure Magie: kein Sicherheitsglas. Die Uhr ist da, wie eine grosse Verführung... Kommt man ihr jedoch ein wenig zu nahe, verschwindet sie augenblicklich! Diese Vitrine war ein Rie- senerfolg. Momentan wird sie in mehr als zweihundert Verkaufspunkten von Hublot in aller Welt verwendet.»


Möchte der Kunde sein Produkt anzünden, ohne dass es zu Asche zerfällt? Xavier Dietlin legt mit Hilfe holografi- scher Technik Feuer an seine sündhaft teuren Uhren. Wo ist die Uhr? Wo das Feuer? Ist es ein Brand? Handelt es sich um eine echte Uhr? Die Betrachter sind sprachlos, doch der Verkäufer gewinnt Kunden!


«Damit ich erfinden, in Szene setzen und überraschen kann, brauche ich affektive Beziehungen», erklärt der Zaube- rer der Vitrinen und Displays. «Pyramidenförmige Hierarchien mag ich nicht. Entstehen freundschaftliche Beziehungen, wird das Unmögliche möglich. Arroganz ist mir zuwider, aber ich kenne mittlerweile meinen Wert und meine Fähigkeiten. Noch vor sechs Jahren fühlte ich mich winzig. Als ich in New York eingeladen war, beeindruckte mich das. Heute rollt man dem kleinen Schweizer den roten Teppich in Tokio und Los Angeles aus. Doch wo immer ich auch bin, ich bleibe mich selbst. Wenn mich ein Produkt langweilt, lehne ich den Auftrag ab. Das ist der Vorteil, wenn man sehr gefragt ist!» Xavier Dietlin ist ein Pionier und immer auf der Suche. «Das ist zwar befriedigend, man ist jedoch nie ruhig. Ich halte die Augen immer offen, und ein Detail kann eines Tages zu einer neuen Idee führen» Die Hauptsache ist für ihn letztlich, seine kindliche Seele zu bewahren, für die das Spiel die Devise des Lebens ist.

 

Xavier Dietlin (mit Raymond Knigge aus Interinam) wurde für den EY The Entrepreneur Of The Year 2016 award nominiert.Xavier Dietlin (mit Raymond Knigge aus Interinam) wurde für den EY The Entrepreneur Of The Year 2016 award nominiert.